Widerstandsgruppen in Betrieb und Freizeit

 

Fritz Müllerstein

 

Widerstand in Mülheimer Betrieben

Nachdem der Kommunist Fritz Müllerstein 1937 beim Reichsbahnausbesserungs-
werk in Broich als Schweißer einen Arbeitsplatz bekam, bildete er in den darauffolgenden Jahren im Betrieb eine „etriebsgruppe auf gewerkschaftlicher Grundlage“. Nachdem er das Vertrauen seiner Kollegen gewinnen konnte, die keine Nazis waren, sammelte Müllerstein z. B. Geld für die Angehörigen inhaftierter Kommunisten. Ebenfalls versuchte die Gruppe, Kontakte zu den im Werk zwangsarbeitenden Ostarbeitern herzustellen, bzw. diesen durch Nahrungsmittel und andere Unterstützung zu helfen, was strengstens verboten war. Auch wurden die Zwangsarbeiter mit Nachrichten versorgt, die aus dem verbotenen Abhören ausländischer Radiosender stammten. Kurz vor Kriegsende sollte die Belegschaft des RAW vor den vordringenden Amerikanern nach Schwerte verlegt werden. Am Abend und in der Nacht vor dem Abmarsch stellte Müllerstein mit Freunden ein Flugblatt her, in dem die Belegschaft aufgerufen wurde, dem Marschbefehl nicht zu folgen und die amerikanische Besetzung zu Hause abzuwarten. Tatsächlich folgten dann nur noch 120 von 600 dem Marschbefehl nach Schwerte.

 

Gustav Zenker

Der Widerstand der Organisation „Der Bund“

Außer den illegalen Gruppen der Arbeiterparteien gab es in Mülheim noch eine Gruppe: „Der Bund - Internationaler Sozialistischer Orden“ (ISO), sowie eine illegale betriebliche gewerkschaftliche Gruppe beim Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) in Broich (heute: Straßenbahndepot und Berufsbildungswerkstatt). Der ISO bestand vor 1933 in Mülheim und einigen anderen Städten als überparteilicher Orden, der zum einen die zerstrittenen Arbeiterparteien und -organisationen wieder zusammenbringen wollte und zum anderen seinen Mitgliedern eine „ganzheitliche“ Lebenshilfe und -orientierung nach sozialistischen Idealen empfahl. Dabei bestanden die Aktivitäten hauptsächlich in politischen, philosophischen, ökonomischen Bildungsveranstaltungen, Wochenendfahrten, Lehrgängen und auch körperlichen und künstlerischen Angeboten. Einige Mülheimer Sozialdemokraten, Kommunisten, Sozialisten und Naturfreunde gehörten dem Orden vor 1933 an, darunter Fritz Strothmann, Fritz Denks, Fritz Terres, Alfred Leuschner, Eheleute Zenker u.a. Dieser fest organisierte Kreis traf sich nach 1933 regelmäßig zu Wanderungen und politischen Diskussionen, um den Zusammenhalt und Austausch der Mitglieder zu gewährleisten. Da einige Mitglieder auch Juden waren, organisierten die ISO-Mitglieder unmittelbare Hilfsaktionen, angefangen vom Versenden von Hilfspaketen bis zum Organisieren von Verstecken für verfolgte Juden. Da die Mitglieder strenge Regeln der Konspiration einhielten, nicht an die Öffentlichkeit traten und z .B. alles verdächtige Material und Fotos systematisch vernichteten, wurden sie in der ganzen Zeit niemals von der GESTAPO entdeckt.



Werte Kollegen!


Keiner folgt dem Aufruf der Werksleitung zur Verlagerung nach Schwerte. Der Krieg ist verloren! Wir wollen nicht die unvermeidliche Überrollung auf der Landstraße erleben, sondern zuhause bei der Familie!

Nochmals: Keiner fährt! Alle bleiben hier!


Aufruf der illegalen Betriebsgruppe des Reichsbahnausbesserungswerkes Speldorf
(Nachbildung – Text authentisch)

Fritz Denks 

Fritz Denks

Martha Zenker

Fritz Strothmann

Alfred Leuschner